Architektur Forum Ostschweiz 2025

02.06.2025 13:59:09

Der Kanton Thurgau ist auf dem Holzweg

Die Lignum Holzkette St. Gallen, Lignum Ost und das Architekturforum Ostschweiz treffen sich jedes Jahr einmal zum Erfahrungsaustausch, bei dem ein ausserordentliches Holzbauwerk besichtigt wird. Sascha Müller von Lignum Ost und Marion Pohlke vom Architekturforum Ostschweiz konnten am 2. Juni 45 Architekten und Baufachleute im zukünftigen Cafeteriabereich auf der Baustelle «Verwaltungsgebäude Vorstadt» in Frauenfeld begrüssen. Der Ergänzungsbau des Regierungsgebäudes gilt als Vorzeigeobjekt des Kantons Thurgau für nachhaltiges Bauen in moderner Holzbauweise. Samuel Gäumann von Gäumann Lüdi von der Ropp Architekten aus Zürich erklärte bei der Vorstellung des Bauprojekts, dass die Planung eine Herausforderung war, da sich die funktionale Erweiterung des Regierungsgebäudes städtebaulich in die umliegenden Strukturen einfügen musste und das gesamte Bauholz aus dem kantonseigenen Staatswald stammen sollte. Der Bauingenieur erklärte, dass das Untergeschoss und der Mittelbau mit den beiden Treppenhauskernen massive Stahlbetonkonstruktionen sind und die sieben Seitenflügel in Holzelementbauweise erstellt wurden.
Käferholz sinnvoll genutzt
Roman Schnyder vom Forstamt des Kantons Thurgau berichtete, dass der Kanton zwei Forstbetriebe hat, bei denen sechs bis acht Forstwarte und vier Lernende beschäftigt sind. Die kantonale Waldfläche von 1400 Hektaren entspricht etwa sieben Prozent der gesamten Waldfläche im Kanton und der jährliche Hiebsatz liegt bei 10´000 Festmetern Holz, der allerdings nicht immer ganz ausgenutzt wird. „Das Holz kommt mehrheitlich aus dem Hinterthurgau und vom Seerücken“, sagte Schnyder und bemerkte, dass der Kanton in den vergangenen sechs Jahren insgesamt 12´000 m³ Holz für kantonale Bauten wie den Rindviehstall Arenenberg oder die Sporthalle beim Bildungszentrum für Technik in Frauenfeld bereitstellte und den Wald mit klimafitten Bauarten wiederbewaldete. Der Auslöser für die Nutzung des kantonseigenen Holzes war, dass im Kanton Thurgau von 2018 bis 2021 sehr viel Fichtenholz vom Borkenkäfer befallen war, das sich für weniger als 40 Franken pro Festmeter nur noch unter den Nutzungskosten nach China verkaufen liess. Da ein Teil des Holzes durch einen vom Borkenkäfer mitgeschleppten Pilz lediglich eine leichte Blauverfärbung aufwies, statisch aber keine Einschränkung hatte, wurde das Käferholz eingeschnitten, zu Träger, Stützen und Schichtplatten verarbeitet und fachgerecht eingelagert. Für das «Verwaltungsgebäude Vorstadt» wurden 5´550 Festmeter Fichtenrundholz zu 2248 m³ Schnittholz für Fassaden und Tragkonstruktion verarbeitet. In der Tiefgarageneinfahrt wurden 42 m³ Eschenholz verbaut, weil es eine bessere Tragfähigkeit als das Fichtenholz aufweist. „Davon hätte man gerne mehr verwendet, da momentan viel Eschenholz durch das Eschentriebsterben anfällt“, sagte Schnyder und bemerkte aber, dass es sehr anspruchsvoll ist, aus Eschenholz eine homogene Qualität herauszuschneiden. Für die Simsbretter der Fassaden wurden zudem 35 m³ Eichenholz benötigt.
Mit dem Kanton auf dem Baustellenrundgang
Im Anschluss an die Einführung gab es einen Rundgang durch das Neubauprojekt. Eva Zellmann erklärte, wie die 22 Büros für die rund 300 Arbeitsplätze aufgeteilt sind und zeigte die Haustechnik, die in den Brüstungskanälen und Deckenelementen integriert wird. Die Projektleiterin beim Hochbauamt des Kantons Thurgau zeigte auch die Sprinkleranlage, mit der das Gebäude brandschutztechnisch ausgestattet ist. „Auf dieser Baustelle sind gleichzeitig bis zu 80 Bauarbeiter tätig“, sagte Gianni Zorzini von der Zorzini Bauleitung GmbH, als er die Holzfachleute, Architekten und Architekturinteressierte durch das dreistöckige Untergeschosse mit Tiefgarage, Technik- und Lagerräumen führte. Der Bauleiter erklärte, dass unter der Erdoberfläche die gewaltige Menge von 40´000 m³ Erdreich ausgehoben, rund 8000 m³ Beton, davon 54 Prozent Recyclingbeton, und tonnenweise Armierungen verbaut wurden und dadurch sehr viel Platz für eine Tiefgarage entstanden ist. Im Untergeschoss ist auch die neue Wärmezentrale integriert, die an das regionale Fernwärmenetz des Energieversorgers «Thurplus» angeschlossen ist, der die Wärme- und Kälteenergie bereitstellt. Im Obergeschoss erklärte Christoph Meier von der SJB Kemptner Fitze AG in Frauenfeld, dass das Gebäude mit einer Geschossfläche von 11´690 m² ein Volumen von insgesamt 30´840 m³ ausweist. Der Holzelementbau besteht aus zahlreichen Holzstützen, die mit Holzdübeln mit den aufgesetzten Deckenelementen verbunden sind. Im Anschluss an den Rundgang wurde ein Apero offeriert, bei dem die Holzfachleute freie Sicht auf die Fassaden hatten. Dass die Fassadenbretter auf Weisstannen- und die Fenstersimse aus Eichenholz sind und weshalb die Oberflächen mit dem typischen Grauton für die natürliche Vergrauung des Holzes behandelt wurden, löste bei den «Hölzigen» einige Fachgespräche aus.

Text Thomas Güntert

 


 

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